VENI, SPONSA MEA


Die alttestamentarische Liebeslyrik des so genannten Hohen Lieds, die dem weisen König Salomo zugeschrieben wurde, erfreute sich im 17. Jahrhundert bei den Komponisten großer Beliebtheit als Textvorlage für Motettenkompositionen.
Die erotischen, bildhaften Texte waren den Komponisten willkommen, um die affektreichen, spannungsvollen Elemente weltlicher Liebeskompositionen auch in das geistliche Genre zu übernehmen.
In der christlichen Tradition wurden die Texte interpretiert als Huldigungen an die Jungfrau Maria oder als Liebesgespräche zwischen Christus als Bräutigam und den Töchtern Zions bzw. der liebenden Seele. Deshalb werden öfters Elemente aus dem Hohen Lied in barocke Dichtungen integriert, wie es z.B. bei den Texten der Motetten Egredimini, filiae Sion und Quam candidus es der Fall ist. In der Motette Grandis werden in Anspielung auf das Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen die Töchter Zions aufgefordert, Christus, den Bräutigam zu empfangen; in der Motette Casolas kommt die liebende Seele selber zu Wort.

Neben berühmten Komponisten wie Claudio Monteverdi finden sich auch unbekanntere wie Steffano Bernardi oder den gänzlich unerforschten Francesco Casola, von dem nur ein 1660 in Mailand gedrucktes Werk mit Motetten bekannt ist. Alessandro Grandi war 10 Jahre lang als Sänger und Vizekapellmeister an San Marco in Venedig tätig. Giovanni Girolamo Kapsberger war Deutscher, verließ sein Heimatland aber früh und wurde in Italien ansässig, zunächst in Venedig, später in Rom. Er war ein berühmter Lautenist, daher finden sich auch mehrere Lautenkompositionen in unserem Programm, neben zwei seiner koloraturreichen Motetten.