Mona Lisa

Musik aus der Zeit Leonardo da Vincis

„Leonardo unternahm es auch, für Francesco del Giocondo das Bild der Monna Lisa, seiner Frau, zu malen. (...) Monna Lisa war sehr schön, und Leonardo sorgte dafür, dass, während er malte, immer jemand zugegen war, der sang, spielte und scherzte, damit sie fröhlich blieb und kein trauriges Aussehen bekam, wie es häufig der Fall ist, wenn man sitzt, um sein Bildnis malen zu lassen. Über diesem Angesicht dagegen schwebte ein so liebliches Lächeln, dass es eher von himmlischer als von menschlicher Hand zu sein schien.“ (Giorgio Vasari 1568)
Das Bildnis der Mona Lisa wurde im Jahr 1503 gemalt und feiert dieses Jahr daher seinen 500. Geburtstag. Für uns Anlaß, sich der Musik anzunehmen, die möglicherweise während der ermüdenden Sitzungen zur Erbauung der Porträtierten erklungen haben mag. Das ist nicht ganz einfach, da viele Werke, die um diese Zeit entstanden, erst Jahre später im Druck erschienen, und manche der Komponisten unseres Programms eine Generation zu spät geboren sind, um um 1503 schon komponiert haben zu können. Dennoch bietet die Musik unseres Programms einen Querschnitt der Gattungen, die um diese Zeit modern waren.
Die weltlichenVokalwerke dieser Zeit waren in Italien entweder Madrigale oder Frottolen, beides mehrstimmige Kompositionen, die sowohl mit 4 Sängern als auch mit einer vokal- instrumental gemischten Besetzung aufgeführt werden konnten. Die Madrigale sind im Gegensatz zu den eher homophon strukturierten Frottolen polyphon und damit komplexer, während die Frottolen öfter auch einen volkstümlichen Charakter haben. Dennoch waren beide Gattungen an Fürstenhöfen hochgeschätze Kompositionsstile; auch wurde für beide oft hohe Poesie wie z.B. von Francesco Petrarca als Textvorlage genommen, neben Texten anderer Dichter, die Liebesleid und Liebesfreud schildern oder moralisierend den Lauf der Welt und die Vergänglichkeit der Dinge betrachten.
Obwohl Petrarca schon im 14. Jahrhundert gelebt hatte, so galt er doch um 1500 als der Inbegriff des Renaissancedichters. In ihm fand man die Tugenden des Renaissancemenschen – humanistische und ritterliche Ideale, kulturelle Bildung kombiniert mit Eleganz und Leichtigkeit – verwirklicht. 1501 wurde sein „Canzoniere“ von dem Literaturtheoretiker Pietro Bembo zum ersten mal als Druck herausgegeben. Mit der Verbreitung dieses Werkes geriet Italien in eine Art Petrarca-Fieber: über 130 Ausgaben folgten allein im 16. Jahrhundert, darunter sogenannte "Petrarchini", Taschenbuchausgaben für modische junge Männer. Von jungen Dichtern wurde Petrarcas Stil imitiert. Isabella d'Este, Markgräfin von Mantua und von Zeitgenossen als "la prima donna del mondo" gewürdigt, gibt bei ihren Hofkomponisten Marco Cara und Bartolomeo Tromboncino Lieder über Canzonen von Petrarca in Auftrag. In unserem Programm findet sich die Frottola „Sie é debile il filo“ von Tromboncino und die beiden Madrigale „O passi sparsi“ und „Non al suo amante“ von Sebastiano Festa.
Die Aufführung von Frottolen und Madrigalen durch eine Singstimme mit Lautenbegleitung war sehr beliebt. In dieser Form wurden die Kompositionen auch durch die vielen Sammeldrucke für Lauten verbreitet. Da ab 1501 Ottaviano Petrucci in Venedig durch seine Erfindung des Notendrucks mit beweglichen Typen viele solcher Sammlungen mit Tabulaturen und Vokalwerken herausgab, wurden die Stücke einem großen Kreis von Musikern bekannt. So finden sich beispielsweise in den zwei Bänden der Sammlung von Francisco Bossinensis, 1509 bei Petrucci gedruckt, Intavolierungen mit einer Singstimme von weltlichen und geistlichen Frottolen, aber auch Ricercare als reine Instrumentalstücke. Die Sammlung Francesco Spinacinos von 1507 hingegen ist ein reines Lautenbuch, d.h. Madrigale, Motetten und Frottolen wurden durch Intavolierungen zu eigenständigen Lautenstücken bearbeitet. Daneben gibt es Ricercare und Tanzsätze, also originale Instrumentalkompositionen, wie sich einige in unserem Programm finden.

Vermutlich ist die Porträtierte auf dem Bild Leonardo da Vincis die Frau des florentinischen Kaufmannes Francesco del Giocondo, daher wird es auch „La Gioconda“ genannt. Das Gemälde der „Monna Lisa“ ist 1503 in Auftrag gegeben worden, möglicherweise durch Vermittlung Giuliano de Medicis. Es heißt, Leonardo habe das Bild (oder das Modell?) so sehr gefallen, dass er die Fertigstellung ständig herauszögerte, um es nicht weggeben zu müssen. Tatsächlich hat Lisa del Giocondo das Gemälde nie erhalten, sie starb vermutlich 1506. Leonardo verkaufte sein Bild kurz vor seinem Tod an König Franz I. von Frankreich; noch heute hängt es im Louvre in Paris. Mit ihrem rätselhaften Lächeln bezaubert Monna Lisa auch 500 Jahre nach ihrem Tod die Menschen. Wie das Lächeln entstand wissen wir, wenn wir die Musik hören, die Leonardo und sie damals unterhielt.