Del Cielo d'amor - Vom Himmel der Liebe


Der Himmel - einerseits die höheren Sphären, andererseits der Himmel der Liebe - bildet das Motiv, das sich in verschiedenen Schattierungen durch das gesamte Programm zieht. Das Eingangsstück wirkt wie ein Prolog, in dem die Tugend "vom Himmel und den ewigen Feldern auf großen goldenen Flügeln herabsteigt" und Fama, der Göttin des Ruhms, Posaunenklang und Gesang bringt, damit diese sich über die Sterblichen erhebe. In dem Lied "O del cielo d'amor", das unserem Programm den Titel gibt, wird die Sonne am Himmel der Liebe besungen, die den verliebten Sänger mit ihren Strahlen, ihrem Licht und ihren Pfeilen verbrennt und versengt. Und in "Vaghe faville" schleudert die Angebetete Blitze aus ihren feurigen Augen.
So vielfältig wie die immer wiederkehrenden Metaphern von den Sphären und Planeten eingesetzt werden, um das Phänomen Liebe zu beschreiben, ebeno vielfältig und ideenreich sind die Kompositionen.
Die Vokalstücke stammen alle von Sigismondo d'India. Er wurde um 1582 in Sizilien oder Neapel geboren und bezeichnet sich selbst in seinen Veröffentlichungen als "nobile palermitano". Man weiß wenig über sein Leben. Sein beruflicher Weg hat ihn allerdings nach Mittel- und Norditalien geführt, wo er in den musikalischen Zentren mit den führenden Komponisten der Zeit zusammentraf. So sind Aufenthalte in Mantua belegt, wo er vermutlich Claudio Monteverdi kennenlernte. In Florenz traf er mit den Vertretern der "Camerata" zusammen, einer Gruppe von Gelehrten und Musikern, die sich zusammenfanden, um aus humanistischem Antrieb die Musik des antiken Theaters wiederzubeleben. Sie verfehten zwar ihr Ziel, entwickelten aber einen völlig neuen Kompositionsstil und die neue Gattung der Oper. Diesem neuen Stil gehören auch die Kompositionen d'Indias an.Von 1611 bis 1623 ist er als "Maestro della Musica" am Hof von Turin angestellt, ist aber auch als solcher viel auf Reisen. Kurz vor seinem Lebensende wurde ihm am Hof Maximilians I. von Bayern die Stelle eines Kapellmeisters angeboten; ob er die Reise nach Deutschland unternommen oder gar die Stelle angetreten hat, ist nicht überliefert.
Seine Kompositionen auf dem Gebiet der Monodie, des begleiteten Sologesangs, gehören zu den herausragenden. Neben Monodien schrieb er fünf Monologe auf eigene Texte, dramatische Szenen mythologischer oder literarischer Figuren, wovon das "Lamento di Olimpia" in unserem Programm zu finden ist. Olimpia ist eine Figur aus Ariosts 1516 veröffentlichten "Orlando furioso". Ihre unglückliche Liebe zu dem Adeligen Bireno führt bei d'India zum dramatischen Selbstmord, während in Ariosts Original, das auch von Monteverdi vertont wurde, ihr unglückliches Schicksal nicht in ihrem Tod gipfelt.
Im Gegensatz zur dramatischen Szene Olimpias ist der "Canto di rosignolo", der Gesang der Nachtigall, lyrischen Charakters. Auf hochvirtuose Weise werden die musikalischen Kunststücke der Nachtigall nachgeahmt, deren alleiniger Lehrmeister natürlich auch wieder Amor ist.
"Vaghe faville", "Pallidetta qual viola" und "O che gradita"sind kurze Strofenlieder, die teilweise mit Tanzrhythmen eher volkstümlichen Charkters sind.
Ist nun auch allen Gesangsstücken des Programms das Thema Liebe - Himmel oder Hölle- gemeinsam,so ist doch die Art der Behandlung denkbar unterschiedlich: leicht-schmunzelnd, virtuos-beeindruckend, poetisch, manieristisch, dramatisch...., so wie das Leben Liebender sich eben darstellt, damals wie heute.
Bei den Instrumentalstücken finden sich mehrere Variationsformen. So sind Ciaccona und Passacaglia Kompositionen über einen ostinaten Baß, während eine Diminution die Melodie eines bekannten Madrigals auf virtuose Weise umspielt und ausschmückt. Colascione und Canario sind beide Anleihen an die Volksmusik, wobei Colascione ein ebenso genanntes, in Süditalien beheimatetes 3- oer 6-saitiges Lauteninstrument nachahmt. Der Komponist Johannes Hieronymus Kapsberger stammt ursprünglich aus Deutschland, ging aber schon in jungen Jahren nach Venedig und später nach Rom; Piccinini, Frescobaldi und Bonizzi wirkten in den Städten Ferrara, Bologna, Parma und Rom.
Noch in der ausgehenden Renaissance um 1600 gehörte die Musik nach antiker Lehre zusammen mit der Astronomie zu den mathematischen Künsten, daher bereichern die instrumentalen Stücke unser Himmelsthema mit "Sphärenklängen" im weitesten Sinne.